- Der Insider


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- Törnführer aus dem All (3)
Mit Google Earth Buchten und Häfen im Norden der Türkei entdecken. Taugt das Programm als Planungshilfe? Wir testen Google Earth an der türkischen Küste - das Experiment soll die Stärken des Programms als Ergänzung zu Seekarte und Törnführern aufdecken.




(Fortsetzung - Istanbul und Bosporus)


Die Ataköy Marina ist die einzige Großmarina auf der europäischen Seite. Sie hat Liegeplätze für 700 Yachten, ist aber voll belegt - was auf dem Screenshot von Google Earth deutlich zu erkennen ist. Wer hier festmachen will, sollte ungedingt vorher einen Liegeplatz vereinbaren. Wir bekamen auf mehrere Mailanfragen allerdings überhaupt keine Antwort. Der Vorteil der Marina ist die Nähe zum internationalen Flughafen Atatürk. Von See kommend fällt als erstes ein Hochhaus mit 25 Stockwerken hinter dem Marina-Gelände ins Auge. In der Marina gibt es die einzige Tankstelle für Yachten im Großraum Istanbul.


Die Ataköy-Marina bietet guten Service, liegt flughafennah, hat aber keine freien Liegeplätze; Anfragen werden nicht beantwortet...
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Da wir nicht allzu viel Zeit haben, drehen wir nur eine Runde durch den Hafen und motoren weiter an der Küste entlang in Richtung Goldenes Horn. Vier Tage bleiben uns noch für den Bosporus. Wir segeln vor der fantastischen Kulisse Istanbuls, drehen unsere Runden vor der Blauen Moschee, fahren Slalom um die pendelnden Fähren, bestaunen die urbane 15-Millionenstadt. In Arnavutköy, Bebek, Istinye, Büyükdere, Türkelifeneri und Poyraz finden wir zufällig freie Muringtonnen oder andere freie Liegeplätze.

Arnavutköy liegt an einer schmalen Einbuchtung und bietet Bojenplätze direkt an der Straße (wenn der Besitzer nicht da ist) - kein Panorama.
KEIN Panorama

In Arnavutköy haben Ayse und ich ein Jahr lang gewohnt - direkt am Wasser. Wir wollen möglichst direkt vor dem Haus festmachen, um Erinnerungen aufzufrischen, finden aber, dass die Stadtplaner inzwischen brutal eine Schnellstraße auf Stelzen zwischen Haus und Bosporus errichtet haben. Zufällig ist eine Tonne frei, wir fragen die Männer auf einer nebenan liegenden Motoryacht, sie nicken - wir fahren eine kompliziertes Anlegemanöver gegen den seitlich setzenden Strom und schaffen es schließlich an den Ringen im Straßenbeton festzumachen. Uff! Wer hier nicht unbedingt seine alte Wohnung sucht, sollte Arnavutköy meiden - es gibt andere Plätze am Bosporus (die allerdings - wie sich herausstellen wird - auch nicht viel leinfacher zu erobern sind).

Bebek ist der In-Platz am Bosporus; jedoch sind die wenigen Liegebojen meist belegt
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Ein kleines Stück weiter bosporusaufwärts, schmiegt sich die Meerenge weich in die grünen Hänge des Ufersaumes. Das ehemalige Fischerdorf Bebek ist heute einer der mondänsten Partyorte an der Meerenge. Google Earth zeigt die zahlreichen an Murings liegenden Yachten. Wir finden eine freie Tonne, verständigen uns mit dem Bootsmann der Motoryacht nebenan. Der kommt mit seinem Schlauchboot und macht unsere Leinen zwischen zwei Tonnen fest. Der Strom würde sich ständig verändern, wir dürften keineswegs frei schwojen, "zu gefährlich", meint er. Wir bedanken uns und verbringen einen herrlichen Nachmittag mitten auf dem Bosporus, die vorbeifahrenden Großschiffe und vorbeiziehenden Bosporusfähren bestaunend.

An der nächsten Biegung der Meerenge rücken die Kontinente auf nur 750 Meter zusammen, auf Google sehr gut zu sehen. Was man nicht sieht ist die starke und um sich wirbelnd Strömung, die sich durch den Flaschenhals zwängt. Zwei wuchtige Festungen bewachen die Durchfahrt - Erinnerungen an das osmanische Reich, heute nur noch eindrucksvolle Kulissen für fotografierende Touristen.

Istinye bietet den einzigen sicheren Liegeplatz im Bosporus - wenn man eine freie Muringboje findet!
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Die einzige tiefer ins Land einschneidende und damit vom Strom freie Bucht ist Istinye. Werften und Trockendocks machten die Bucht früher zu einem lauten Loch; heute ist die Bucht ein nahezu sauberer und angenehmer Platz - wenn man einen Liegeplatz ergattert. Google zeigt die dicht belegt Straßenpier. Auch hier haben wir Glück und finden die freie Boje eines wohlhabenden Yachteigners, der - da Ferienzeit - mit seiner Motoryacht in die Ägäis gefahren ist. Für 50 YTL dürfen wir bleiben und liegen sogar hinter einem abschließbaren Zaun mit Wasser- und 220V-Anschluss.

Die weite und offene Bucht von Büyükdere bietet keine Anleger, dafür einen Ankerplatz auf 10m in der Mitte der Bucht
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Büyükdere ist der Einklarierungshafen für Schiffe, die aus dem Schwarzen Meer kommen. In dieser weiten und nach Osten offenen Bucht kann man ggf. auf 10 m Wassertiefe ankern. Als wir hier ankommen fegt ein Gewittersturm über die Bucht und wir sind froh, 100 m Ankerkette raus lassen zu können. Die Böen sind heftig, doch der Ankergrund ist Schlick und hält gut.

Bis Büyükdere sind die grünen Ufer des Bosporus stark besiedelt; ab hier wird es ruhiger und teilweise finden wir pinienbewachsene Ausbuchtungen an der Ostseite der Meerenge mit kleinen Stränden, die an die Ägäisküste in der grünbewaldeten Marmaris-Bucht erinnern. Nach 5 weiteren Seemeilen Richtung Nord öffnet sich die Ausfahrt zum Schwarzen Meer.

Im Fischtrawlerhafen von Türkelifeneri kann man für wenige Stunden an einem der Fischtrawler längsseits festmachen
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Türkelifeneri liegt bereits außerhalb der Schärfedarstellung von Google Earth. Hier würde man sich nicht hinein trauen, hätten wir nicht Gerd Radspielers Törnführer dabei, der auch den Bosporus einschließt. Der Hafen heißt auch Büyük Limani (büyük = groß). Er ist wirklich groß, aber eng mit Fischtrawlern belegt. Einen Platz an der Pier findet man hier im Sommer während der Fangverbots-Monate Juli und August nicht. Wir fragen die Männer, die auf einem Fischtrawler arbeiten und dürfen für zwei Stunden längsseits festmachen kann. Der Anstieg zum Ort über dem Hafen ist steil; oben gibt es einen phantastischen Blick weit ins Schwarze Meer hinaus. Im Restaurant wird eine Spezialität vom Schwarzen Meer serviert: kleine in Öl gebackene Fische (Istavrit), die lecker zu einem Glas Raki schmecken. Wie mag es hier oben zugehen, wenn im Winter der eiskalte Nordwind Poyraz vom Karadeniz über die Klippen in die schmalen Gassen fegt?


Der Fischerhafen Poyraz an der Ostseite der Einfahrt in den Bosporus bietet brauchbare Ankerplätze
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Gegenüber auf der asiatischen Seite liegt Poyraz und bietet als nördlichster Ankerplatz auf der anatolischen Seite Schutz gegen den Nordwind (Poyraz). Sind die Fischtrawler auf dem Meer mag es gelingen einen Platz an der Pier zu finden. Im Juli und August ankert man im großen Hafenbecken oder in der Bucht daneben und liegt sicher. Wäre nicht die ohrenbetäubende Kackophonie wild gemischter Diskolautsprecher von den Strandbars, es wäre ein hübscher Platz zum Erholen. Aber so...

In der Setur Kalamis-Fenerbahçe Marina auf der asiatischen Seite bei Kadiköy gibt es jeglichen Service und viele Cafes und Restaurants
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Auf der Fahrtsüdwärts durch den Bosporus hämmert plötzlich der Motor wie unter einem Trommelwirbel. Wir stoppen und versuchen das Geräusch zu identifizieren. Es kommt vom Propeller. Wir lassen die Yacht treiben und Horst sprint mit einem Messer bewaffnet in die Flut. Kurz darauf kommt er mit einem Stück Plastikfolie hoch. Ein riesengroßes Planenstück - mindestens 30 m2 - hat sich in den Propeller gewickelt! Mehrere Tauchgänge sind erforderlich, bis der Propeller wieder frei hat. Glück gehabt - das hätte bös enden können, wenn wir die treibende Plane vor einer Engstelle in den Propeller aufgefischt hätten.

In der gastfreundlichen und angenehmen Setur Kalamis-Fenerbahçe Marina erholen wir uns abschließend von dem Stress des Bosporus-Törns.

Entspannung am Ende des Törns finden wir im schönen Fenerbahçe Park-Restaurant direkt am Meer
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Info-Kasten:

Route:
Wer die Route auf Google Earth 4.3 "nachsegeln" will findet hier den google-gerechten Kmz-Link: klick
Vorausgesetzt Google Earth ist installiert einfach den heruntergeladenen Kmz-Zip anklicken - Google Earth installiert dann die komplette Route von Bodrum bis zum Schwarzen Meer unter "Meine Orte".

Link:
für Google Earth 4.3 Download: http://earth.google.de/
Mit unscharfem oder Jahre altem Kartenmaterial bei Google Earth soll bald Schluss sein - Google beteiligt sich an einem privaten Satellitenprojekt. Ein Unternehmen namens GeoEye hat in der ersten Septemberwoche "GeoEye 1" ins All geschossen. Die Kameras an Bord sollen aus einer Höhe von 680 Kilometern Fotos mit einer Auflösung bis hinunter zu 40 Zentimetern liefern. Google wird allerdings wegen rechtlicher Bestimmungen nur eine 50-Zentimeter-Auflösung verwenden.
Pro Tag kann der Satellit eine Fläche von der Größe Polens fotografieren.

Bilder:
vom Törn von Bodrum nach Istanbul: klick

Charter:
Die Route zwischen Bodrum und Çanakkale kann auch per Charteryacht abgesegelt werden:
1. Bodrum-Çesme: Argos Yachtcharter, Wiesbaden, Tel: 0611 66051 Mail: mail@argos-yachting.de
2. Çesme-Ayvalik-Çanakkale: Franken & Meer Yachtcharter, Neunkirchen, Tel: 09123 96 80 63 Mail: yachting@franken-meer.de Im Raum Istanbul und im Marmarameer gibt es noch keine Charterbasis

Flughäfen:
Izmir: Internationaler Flughafen Adnan Menderes
Bodrum: Internationaler Flughafen Bodrum-Milas
Istanbul: Internationale Flughäfen Atatürk (europäische Seite) und Sabiha Gökcen (asiatische Seite)

Handbuch:
Türkische Küste von Istanbul bis Antalya, Gerd Radspieler und Udo Hinnerkopf,
Delius Klasing Verlag, ISBN: 978-3-7688-0572-8, EUR: 29.90


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Teil 1: Turgutreis bis Bozcaada | Teil 2: Yeniköy bis Prinzeninseln | Törnbericht in der YACHT

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