Der Insider

Warum trotzdem Türkei?
13.06.2014



Wer die Medienberichte des letzten Jahres verfolgt hat, stellt sich vielleicht die Frage, warum die Türkei trotz aller Kritik an Polizei und Menschenrechtsverletzungen bei Touristen im allgmeinen und uns Seglern im besonderen so beliebt ist. Die Gründe sind vielfältig und wiegen vermutlich das auf, was gegen ein Großteil der politischen Klasse vorgebracht werden kann.

Die Türkei hat 5.000 Seemeilen Küstenlinie entlang der Ägäis und des Östlichen Mittelmeeres. Dieses riesige Gebiet eignet sich hervorragend zum Erkunden und Entdecken - zu Fuß, mit Auto, Dolmus, Segelyacht oder Gulet. Die touristische Infrastruktur ist gut ausgebaut, die Yachthäfen sind die besten im Mittelmeer und mit allem ausgerüstet, was Service und Erholung suchend Skipper heutzutage brauchen. Viele Bootseigner und Revierkenner sagen sogar, die türkischen Marinas seien die besten der Welt, die türkischen Golfe und Buchten auf jeden Fall die schönsten.

Die türkische Küste und ihr Hinterland sind gesäumt von Bergen, Wäldern, Bächen und Seen, die zum Spazierengehen, Wandern, Campen, Angeln und sogar Skifahren in zum größten Teil unberührter Natur einladen.


Die Geschichte der Türkei ist immens reich an Spuren von Kulturen und Völkern, die hier gelebt und ihre Fußstapfen hinterlassen haben. Es ist nahezu unmöglich irgendwo nicht auf archäologische Stätten der antiken Zivilisationen zu stoßen. Auf die Höhlenwohnungen und unterirdischen Kirchen in Kappadokien, die antiken Theater von Pergamon über Ephesus bis Termessos und Perge. Auf über 2000 Jahre alte Wasserleitungen in ausgegrabenen römischen Städten, über Tempel, Gräber, Mosaiken, Statuen, Burgen, Kirchen und Moscheen aus der Zeit der Hethiter, der Griechen und Römer, der Kreuzzüge und des Osmanischen Reiches.

Türkische Kultur umfasst die alten Welten vom Orient einschließlich Indien - bis zum Okzident. Die berühmte Seidenstraße des 12. Jahrhunderts brachte seltene und exotische Waren aus dem fernen China heran, während die Kreuzritter auf dem Weg nach Jerusalem ihre oft mitleidlosen Spuren im Land zwischen den beiden Kontinenten hinterließen. Als Ergebnis all dieser Einflüsse aus Ost und West entstand eine teils harmonische, teils widersprüchliche Mischung aus Weltbetrachtung, Musik, Literatur, Architektur, Malerei bis hin zu Wohnen, Küche und Kleidung, eigentlich allem, was wir als Kultur bezeichnen.


Die sprichwörtliche türkische Gastfreundschaft macht es für Ausländer leicht, sich von der Bevölkerung und ihrer Herzlichkeit angenommen zu fühlen. Ich spreche ausdrücklich von der Bevölkerung, nicht von der politischen Klasse. Die Menschen sind vom Charakter entspannt und uneilig, sie haben trotz Mobilität und Internet immer noch Zeit für einen Schwatz bei einem Gläschen Tee. Das Land ist noch autark und damit eines der wenigen, in dem man trotz Inflation und Teuerung doch noch ganz gut leben kann. Obst und Gemüse sind frisch und gut, und wenig manipuliert. Wer auf den Märkten, die es allerorten gibt, einkauft und selbst kocht, profitiert von der gesunden mediterranen Küche und der ausgezeichneten Olivenqualität und dem daraus gepressten Olivenöl. Alles was auf dem heimischem Boden der Türkei gedeiht, geerntet und angeboten wird ist auf jeden Fall allen importierten oder auch nachgemachten Fertigprodukten vorzuziehen.


So ist es kein Wunder, dass viele Menschen dieses herrliche Land für sich als Favoriten entdecken. Viele sagen am Ende eines kurzen oder längeren Aufenthalts: "Ich wusste gar nicht, dass die Türkei so schön und ganz anders ist als ich sie mir vorgestellt hatte!"


Das Einzige, was diese positive Betrachtung stört und die Zustimmung trübt ist die gegenwärtige Politik. Aber dies ist ein anderes Thema und wird hoffentlich nicht die vielen guten Argument, die für dieses schöne Land und seine Menschen sprechen, herunterziehen.