Der Insider

Der Kameramann außenbords bei den Dreharbeiten

Bericht von der Kurzfilmproduktion "Bon Voyage" in den Gewässern vor Kas
von Wolfgang Kahl,
19.02.2016

Eine Yacht segelt durch das nächtliche Mittelmeer. Das schweizer Eignerpaar genießt den entspannten Törn. Der frisch gefangene Fisch, das Glas Wein zum Sonnenuntergang, die Sicherheit einer bestens ausgestatteten Yacht - die Reise vom westlichen Mittelmeer Richtung Ägypten könnte kaum schöner sein.

Mitten in Silvias (dargestellt von der renommierten Schauspielerin und Autorin Annelore Sarbach) Nachtwache unterbricht der Radaralarm die Ruhe. Jonas (gespielt vom schweizer Schauspieler und Tatort-Kommissar Stefan Gubser ), aufgeweckt durch den Alarmton, entdeckt auf dem Bildschirm ein Echo. Aus der Dunkelheit taucht ein völlig überladenes Flüchtlingsboot auf. Schreiende Menschen springen in die See um die Yacht schwimmend zu erreichen.

Verunsichert und überfordert mit der Situation dreht Jonas ab und versucht über Funk die Lybische Coastguard zu erreichen. Zurück im Cockpit müssen Silvia und Jonas erkennen, dass sie das Boot und die Menschen darauf in der Nacht verloren haben. Erste Risse zeigen sich in der so heilen Seglerwelt. Zum Tagesbeginn zeigt sich dem Ehepaar ein grausames Bild. Rund um die Yacht treiben tote Flüchtlinge. Das Boot ist offensichtlich untergegangen. Eine kleine Gruppe, Kinder, Frauen, Männer, hat überlebt und treibt, von Brettern und leeren Kanistern mühsam gehalten in der See.

Die Segler nehmen die Überlebenden an Bord, versorgen sie mit warmer Kleidung und Getränken.

Nun entwickelt sich ein Konflikt - und eskaliert - zwischen der syrischen Flüchtlingsgruppe, angeführt von Kareem (großartig gespielt vom syrischen Schauspieler Jay Abdo) und dem schweizer Eignerpaar. Die Hoffnung der Flüchtlinge nach Europa gebracht zu werden kollidiert mit der Angst der Segler, sich als Menschenschmuggler strafbar zu machen.

Der Film "Bon Voyage" nimmt keine Position ein. Nicht die der Flüchtlingsgruppe und nicht die der Yachtsegler. Er überlässt es dem Zuschauer sich in die Protagonisten hinein zu versetzen. Und es ist möglich beide Perspektiven einzunehmen, beide Positionen zu verstehen.


Von oben Links: Die kleine, talentierte syrische Darstellerin Hala entspannt in einer Drehpause, Hauptdarsteller Annelore Sarbach und Stefan Gubser, wilde Schläge für gute Bilder zeigt der Plotter am Ende des Tages, unten rechts: Regisseur Marc R. Wilkins


Dem Drehbuchautor und Regisseur Marc R. Wilkins ist es gelungen, den Konflikt zwischen dem um seinen Wohlstand besorgten Westeuropa und den um ihre nackte Existenz kämpfenden Flüchtlingen herunter zu brechen auf die 35 Quadratmeter einer Segelyacht. Nur wenige Sätze genügen, um die Diskussion um Elend und vermeintliche Grenzen der Belastbarkeit auf den Punkt zu bringen: "Wir müssen sie an Bord nehmen" (Silvia), "Das sind zu viele, da gehen wir unter" (Jonas), "Dann lass uns so viele wie möglich retten" (Silvia), "Und wenn bewaffnete Schmuggler dabei sind?" (Jonas).

Die Kamera wird am Baum befestigt und dann außenbords geschwenkt

Produziert von Joel Louis Jent von der schweizer "Dschoint Ventschr Filmproduktion" wurden die Aufnahmen auf See vor dem südtürkischen Städtchen Kas realisiert. Die bekannte Charteryacht "Yavas Yavas" änderte ihren Namen in "Bon Voyage" und wurde für die Zeit der Dreharbeiten zum Studio und zum Arbeitsplatz für Schauspieler und Filmcrew. Bis zu sechs Boote waren gleichzeitig im Einsatz, ein Kamerakran wurde auf einem Tauchschiff montiert und es wurden völlig neue Kamerapositionen auf der Segelyacht gefunden. Geskippert von Wolfgang Kahl entstanden zum Teil spektakuläre Segelaufnahmen vor der türkischen Küste.

Burak Turan, einer der renommiertesten Kameramänner und ein internationales Team aus der Türkei, der Schweiz, aus Syrien, den USA und Deutschland war am Drehort im Einsatz. Bis zu 26 Personen an Bord der Yacht, Seekrankheit, Kälte und Seegang ließen die Filmcrew erahnen, was die Menschen erleiden, die mit seeuntüchtigen Booten den Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen.


Einwohner und Taucher aus Kas stellen die verzweifelten Flüchtlinge dar.


Der vielfach ausgezeichnete (u.A. Goldener Löwe in Cannes) Filmemacher Marc Raymond Wilkins hat ein Thema visualisiert, das Segler, aber auch politisch und gesellschaftlich denkende Menschen noch lange beschäftigen wird.

Mit der Fertigstellung des Filmes wird Ende März gerechnet. Informationen zur Veröffentlichung und auch zur Entstehung findet man auf Facebook unter "Bon Voyage Film" und hier


Aus Platzgründen bitte nicht mehr als 6 Zeilen - der Kommentar wird schnellstens freigeschaltet!

aktuell